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Geschichtlich bedeutsamer Fund in Bad Salzhausen

Im Zuge der Bauarbeiten an der geplanten Natur-Kneippanlage im Unteren Kurpark in Bad Salzhausen haben Mitarbeiter der Firma Koch Garten- und Landschaftsbau im Mai einen interessanten Fund gemacht. Beim Ausheben eines 15 Meter langen Abschnitts des Salzbachs unterhalb des Wasserrades wurden vierkantige Holzbalken entdeckt, die nebeneinander in Fließrichtung verlegt waren und seitlich von senkrechten Pfosten gehalten wurden.

Museumsleiter Reinhard Pfnorr und Gerhard Erk vom Niddaer Heimatmuseum, profunde Kenner der Salzhäuser Salinengeschichte und der Wasserkunst, gehen davon aus, dass es sich um die Überreste eines Ende des 18. Jahrhunderts gebauten Kanals nach Geiß-Nidda handelt und damit um einen Bestandteil der von Johann Wilhelm Langsdorf industrialisierten Salzgewinnungsanlagen (siehe den nachfolgenden Bericht). Ein Fund dieser Art ist ein wertvoller Mosaikstein, um die Bad Salzhäuser Historie noch besser verstehen und verorten zu können.

Die Holzkonstruktion ist mittlerweile archäologisch aufgenommen worden. Bürgermeister Thorsten Eberhard ist dem Kreisarchäologen Dr. Jörg Lindenthal dankbar, dass er sehr kurzfristig den Archäologen Marcus Jae für die Maßnahme eingesetzt hat, so dass die Arbeiten an der Baustelle fortgesetzt werden können. Der Weiterbau gestaltet sich aufwendig. Durch die größere Eingriffstiefe ist man im Untergrund auf Torfboden gestoßen, dessen geringe Tragfähigkeit weitere Maßnahmen zur Fundamentierung der Kneippanlage notwendig macht.

Stellungnahme zum Fund im Salzbach

(Reinhard Pfnorr, Leiter NIDDAER HEIMATMUSEUM und Stadtarchivar)

Zum Vorschein kamen nach teilweiser Trockenlegung des Grabens drei Reihen kantiger Holzbalken, verlegt in Längsrichtung des Flutgrabens nach Geiß-Nidda. Diese sind mit Querbalken waagrecht in Grabenbreite miteinander verkeilt. Senkrecht eingebrachte Rundbalken könnten, mit Eichenbrettern verbunden gewesen sein, die das Abrutschen der Grabenwände verhindert haben, bevor danach eine Basaltsteinmauer aufgesetzt wurde.

Die Grabenwände sind mit Basaltstein-Mauerwerk abgesichert, so heute noch sichtbar und auch über längere Strecke recht gut erhalten. Sie ziehen sich vom Kurpark bis hin nach Geiß-Nidda.

Dr. Lindenthal (Kreisarchäologe) folgt in einer ersten Analyse der Einschätzung von Reinhard Pfnorr und Gerhard Erk, dass es sich um die Absicherung eines Bauwerks von Johann Wilhelm Langsdorf zur Entwässerung dieses Gebietes handelt, die beim Bau der Salzwerksanlagen Ende des 18. Jh. notwendig wurde. Langsdorf beschreibt in seiner Heidelberger Vorlesung über die neueste Zeit des Salzhäuser Salzwerks zw. 1768 – 1788 („Vorlesungen der churpfälzisch physikalisch – ökonomischen Gesellschaft in Heidelberg von dem Winter 1786 bis 1788“ im Band III) die „Aeltere, mittlere und neueste Geschichte des Salzwerkes zu Salzhausen bei Nidda“, Heidelberg 1788.

Eine vorsichtige Datierung der hölzernen Einbauten im Flutgraben auf das Ende der 80er Jahre des 18. Jh. könnte durch die jetzt noch durchzuführenden dendrochronologischen Untersuchungen der aufgefundenen Balken bestätigt oder aber auch widerlegt werden.

Aus anderer Zeit sind solch aufwändige Baumaßnahmen nicht überliefert. Langsdorfs Plan kann im Detail lediglich den Standort angeben. Allerdings kann man seine Sicherungsmaßnahmen mit Holzeinbauten bei zahlreich erfolgten Brunnenbohrungen zum Vergleich heranziehen.

In einem Situationsplan um 1820 (Grundriss der Saline und des Sodenguts Salzhausen) ist dieser Flutgraben bis zum Geiß-Niddaer Radhaus mit Wasserrad verzeichnet. Auch ein Plan um 1850 von Bergverwalter und Salineninspektor Hans Tasche weist kurz hinter dem Wasserrad am heutigen Standort den Geiß-Niddaer Flutgraben aus. Er dokumentiert deutlich ein Entwässerungssystem von Gräben, die in diesen heutigen als "Salzbach" bezeichneten Flutgraben führten. Sie entwässerten ein Gelände, das laut Langsdorf vorher selbst „im heißesten Sommer ein Sumpf war“. Zwei Wirkungen wurden dadurch erzielt, nämlich die erbohrten Salzbrunnen vor einem Eindringen von „wildem Wasser“ zu schützen und zweitens das Geiß-Niddaer Rad mit viel Mühe vom Frühjahr bis zum Herbst für insgesamt etwa sechs Wochen im Gange zu halten.

In diesen Graben wurde also zur Langsdorf-Zeit das große Geiß-Niddaer Rad (Höhe 25 Fuß) zum Antrieb eines rückwärts nach Salzhausen gerichteten Pump-Gestänges eingehängt.