Panorama Unter-Widdersheim

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Fotos zu Lehm und seiner Verwendung

Lehm ist eine Mischung verschiedener Bodenarten, zu denen Sand, Ton und Schluff gehören, die unterschiedlich feinkörnig sind. Feuchter Lehm hat eine typisch bindige, klebrige Beschaffenheit und härtet beim Trocknen aus. Er wird in vielen Teilen der Welt als Baustoff genutzt und ist wesentlicher Baustoff des historischen Holzfachwerks. In der Umgebung von Unter-Widdersheim hat Lehm zwei verschiedene Entstehungsweisen.

Foto: Acker mit Lehm


Der hellbraun/beige Lehm, der auf vielen Äckern zu finden ist (hier bei Station 20, aber auch bei Station 17), stammt aus den kalten Phasen der Eiszeit. Damals gab es in der waldfreien Landschaft Staubstürme, die ein Gesteinsmehl ablagerten, das Löss genannt wird.

Foto: Staubsturm in Island

Von Hansueli Krapf (User Simisa (Diskussion · Beiträge)), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9445511
Solche Staubstürme in offener Landschaft lassen sich heute noch in manchen Regionen der Welt beobachten, wie im Foto oben in Island. Der Wind kann feine Partikel weit davon tragen und lagert sie an anderer Stelle wieder ab. Besonders Schluff wird weit transportiert, er besteht aus Partikeln, die in der Größe zwischen denen von Sand und Ton liegen. Schluff fühlt sich trocken mehlig an und bleibt in den Fingerrillen hängen. Lehm enthält viel Schluff, aber auch Sand und Ton.

Foto: Bodenprofil mit Löss bei Münzenberg


In der Wetterau sind die Lössablagerungen zum Teil viele Meter hoch. Im Bild oben begutachtet ein Bodenkundler eine Lösswand, die zu einer ehemaligen Ziegelei bei Münzenberg gehört. Der Löss ist ursprünglich kalkhaltig, aber an der Oberfläche entkalkt er. Dadurch wird er zu Lößlehm.

Zu Böden aus Löss gibt es hier eine gute Darstellung:
Link zu Lössboden

In der Lehmkaute Unter-Widdersheim ist der Lehm allerdings rötlicher und tonreicher als normaler Lösslehm. Im Steinbruch Unter-Widdersheim ist bei Station 12 ein Gemisch verschiedener Böden zu sehen, das wahrscheinlich vergleichbar ist.

Foto: Mischung von Böden im Steinbruch Unter-Widdersheim


Aus dem vulkanischen Basaltgestein entstand vor vielen Millionen Jahren unter wärmerem Klima ein toniger Gesteins-Zersatz, der meist graue, gelbliche oder orange Farben hat und der von roten Böden bedeckt war. Während der kalten Phasen der Eiszeit kam dieses Material an den waldfreien Hängen ins Rutschen und vermischte sich mit dem angewehten Löss. Diese Vermischung war zumindest im Bereich des heutigen Steinbruchs nicht perfekt, denn die Wand zeigt wechselnd gefärbte Bereiche.

Foto: Rötlicher Böden der Lehmkaute


In der Lehmkaute wurde der Lehm für die Unter-Widdersheimer Fachwerkhäuser gewonnen und tatsächlich sind in Unter-Widdersheimer Fachwerkwände zu finden, die solchen rötlichen Lehm haben, wie er in der Lehmkaute vorkommt.

Foto: Fachwerkwand mit Lehm-Gefachen


Zwischen den Balken sind die sogenannten Gefache, die mit Lehm gefüllt wurden. Wände, die stark dem Regen ausgesetzt sind, mussten mit einem Putz oder einer Verschalung geschützt werden. Bei dieser Rückwand einer Fachwerkscheune in Unter-Widdersheim sind die Lehm-Gefache offen zu sehen. Stellen die nachgebessert wurden (an Rändern der Gefache und links oben) bestehen aus hellerem Lehm, der ältere Teil der Gefache besteht aus rötlicherem Lehm, der mit Stroh gemischt wurde.

Diese Kombination aus Holz und Lehm ist sehr dauerhaft, solange sie vor Nässe geschützt wird. Der Lehm entzieht dem Holz Wasser, wodurch das Holz nicht faulen kann. Dadurch konnten die Fachwerkhäuser viele hundert Jahre alt werden und stehen oft noch heute. Wird der Lehm durch andere Baustoffe ersetzt (vor allem bei Einsatz zementhaltiger Mörtel), kann das Holz dagegen schnell Schaden nehmen.

Den unterschiedlichen Aufbau von Gefachen, darunter das in unserer Region übliche Geflecht mit Lehmbewurf, zeigt Wikipedia

Moderne Techniken zum Einsatz des natürlichen Baustoffs Lehm entwickelt der Dachverband Lehm e.V. 

Beratung zu historischem Fachwerk gibt das Kompetenzzentrum Fachwerk im Hessenpark


Inhalte der Infotafel und diese Erläuterungen wurden von der DVG Sektion Vogelsberg zusammengestellt, die sich mit der vulkanischen Geschichte des Vogelsbergs beschäftigt.